Kann Corona zur Kostensenkung im Gesundheitswesen beitragen?

    (Bild: zVg)

    Die Kosten im Gesundheitswesen belasten unsere Gesellschaft schon seit Langem. Einwände und Vorschläge seitens der Ärzteschaft wurden schlichtweg ignoriert und hinter die pekuniären Interessen meist paramedizinischer Teilgruppen hintenan gestellt. Jedem Sachbearbeiter, jeder Sachbearbeiterin wird mehr Kompetenz zugebilligt, als dem entsprechend ausgebildeten Arzt auf dem jeweiligen Fachgebiet. Wir haben die absurde Situation, dass Juristen und Versicherungsleute über richtig oder falsch entscheiden. Die Ärzte aber werden unter Generalverdacht des Betrugs und der Inkompetenz gestellt oder als Kostentreiber diffamiert.

    Die Situation mit dem Corona-Virus zeigt nun auf spektakuläre Weise und endlich auch für den Laien verständlich auf, mit welch lebens- und existenzentscheidenden Anforderungen sich die Ärzteschaft täglich, auch schon vor der Pandemie, beschäftigen muss.

    Leider hatte die Politik, im Gegensatz zu den Ärzten, dies leider nicht erkannt oder nicht erkennen wollen. Schon lange haben wir die Situation, dass der Formalismus und Leerläufe im Gesundheitswesen bis zu einem unerträglichen Mass überhand genommen haben und die Kosten wachsen ungebremst. Da es unserer Gesellschaft aber insgesamt zu gut ging, konnte man sich auf Diskussionen und das Herumreichen der Verantwortung einlassen.

    Die Situation hat sich nun aber schlagartig dramatisch verändert und der Stellenwert der Ärzte und der Ärztinnen sowie des gesamtem medizinischen Personals rückt wieder dorthin, wo er hingehört!

    Es ist an der Zeit damit aufzuhören, der Ärzteschaft unnötige Operationen, falsche Abrechnungen, Versicherungsbetrug und Habgier zu unterstellen. Natürlich gibt es schwarze Schafe, wo gibt es die denn schon nicht. Aber das Gros sind genau die Leute, welche jetzt zusammen mit den Pflegefachleuten bis zum Umfallen und unter Gefährdung der eigenen Gesundheit für uns alle, und bedarfsweise speziell für Sie, da sind!

    Plötzlich haben wir keine Zeit mehr für Kostengutsprachen, Begründungen von Therapiemassnahmen gegenüber Versicherungen und ähnlichen Blödsinn.

    Jetzt muss gehandelt werden – notfallmässig. Einerseits vom gesamten medizinischen Personal, welches aber dafür geschult ist. Anderseits vom Bundesrat, welcher die Sofortmassnahmen meisterhaft und mit Bravour umsetzt! Bravo!

    In der Pressekonferenz vom 20. März 2020 kam dies in beeindruckender Weise zur Geltung.

    Es zeigt aber auch auf, wie sehr der gesamte Bundesrat effizient handeln kann, wenn es die Situation erfordert und administrative Hürden ausgeschaltet werden.
    Auch war ich beeindruckt, mit welch diplomatischhöflicher Nonchalance das Gremium mit einzelnen effektheischerischen Fragen umging.

    Herr Bundesrat Berset läuft im Moment zu einer Glanzform auf. Jetzt, da es wirklich ernst gilt, die Parteizugehörigkeit nicht mehr wichtig ist und die Interessen des ganzen Landes in den Vordergrund treten.

    Ich muss auch gestehen, dass ich, wie viele andere Ärzte, mit der bisherigen Politik von Herrn Berset sehr unzufrieden war. Ich hatte Eindruck, dass es primär um die Beschneidung der Ärzteschaft und nicht um die Sache ging.

    Die Art aber, wie er hier entschieden, kompetent sowie verantwortungsbewusst handelt, hat nun eine neue Dimension erreicht. Jetzt ist er wirklich unser Gesundheitsminister! Ich denke auch, dass wir Ärztinnen und Ärzte ihm jetzt den kleinen Seitenhieb wegen des elektronischen Patientendossiers verzeihen werden.

    Ich wünsche mir, dass wir das Gesundheitswesen nach der durchgestandenen Corona-Krise neu gestalten könnten. Neu unter Berücksichtigung der daraus gewonnenen Erkenntnisse, die Fachfremde ein wenig näher zu uns Ärzten rücken lässt. Für die wirklich wichtigen Punkte in der Gesundheitsversorgung dürfte das Verständnis jetzt neu vorausgesetzt werden. Stellen Sie sich vor mit welcher Kreativität und welchem Elan endlich vernünftige – und glauben Sie mir – deutlich günstigere Lösungen erarbeitet werden könnten. Und die Ärzteschaft muss als Player an vorderster Front in Sachen Gesundheit entscheidend mit eingebunden werden. Auch müssen administrative Barrieren eliminiert werden. Die Belegärzte wären z.B. ein guter Partner, da sie den Spagat zwischen Qualität und Wirtschaftlichkeit bereits jetzt meistern müssen.

    Im Weiteren kann die Leistung der Leute in den Pflege- und nichtärztlichen Medizinalberufen nicht genug gelobt werden. Ohne ihr Engagement nützt alle ärztliche Kunst in der aktuellen Lage nichts! Entsprechend sind wir ihnen zu tiefstem Dank verpflichtet!

    Liebe Leserinnen und Leser, halten Sie sich an die Empfehlungen des Bundesrats. Das ist das Einzige, was wir aktiv unternehmen können. Und ich hoffe, dass wir später, bei guter Gesundheit die Neugestaltung unsere Gesundheitssystems in Angriff nehmen können.

    Achten Sie auf sich und und haben Sie Vertrauen in uns Ärztinnen und Ärzte. Wir sind für Sie da!

    Dr. med. Voja Lazic
    Präsident VABP
    Vorstandsmitglied SBV/ASMI

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